von Marion
Meist stehen sie allein, buchstäblich auf weiter Flur. Langgestreckte Gebäude mit kleinen Fenstern, grau in grau. Angsteinflößend. Nähert man sich, riecht man den Geruch der Fäkalien, über dem die Schweine ihr Leben lang stehen. Man hört das monotone Brummen der Lüftung, ab und zu ein fernes Grunzen als kleines Lebenszeichen an einem Ort des Grauens.
Dunkelhaft, verklebte Fenster, Mutterschweine verbringen ihr armseliges Leben in engen Abferkelgittern. Tote Ferkel. Dreck und Elend überall.
Sie stehen in Kulturlandschaften, wo jedes Beikraut ein Feind ist, Kukuruz ist das einzig Wahre. Und dient ihnen als Futter in ihrem täglichen, maschinell verabreichten Einheitsbrei.
Sie haben keine Abwechslung, starren jahrelang, eingesperrt im sogenannten Kastenstand an die Wand…kommen nur raus, um im Abferkelgitter ihre Jungen zu säugen. Von versorgen kann man nicht sprechen, denn die Mutterschweine können in diesem Gitterkäfig nicht einmal ein Fliege von ihrem Rücken verscheuchen, geschweige denn ihre Kinder versorgen, so wie es sich eine Mutter wünschen würde. Zum Schutz der Ferkel wohlgemerkt, denn das Eisengefängnis nennt sich liebevoll Ferkelschutzkorb.
Diese bedauernswerten weiblichen Schweine werden künstlich befruchtet (eigentlich vergewaltigt), werden hormonell so getrimmt, dass sie alle zur selben Zeit ihre Jungen bekommen und zwar möglichst viele, oft mehr als sie Zitzen haben. Laut Gesetz müßten sie eine Zeit in der Gruppe verbringen, wo sie zumindest etwas Bewegung haben. Aber selbst das wird ihnen oft verwehrt, eigentlich nicht legal, aber die Kontrolltierärzte müssten ihre eigene Kundschaft vor dem Kadi zerren und wer macht das schon…

Die Ferkel werden nicht selten zu früh der Mutter entrissen, sind oft viel zu leicht und zu schwach, um in den Großgruppen an Futter zu gelangen, egal, sie werden einfach aussortiert, Ausschussware.
Den sogenannten Mastschweinen geht es nicht besser…auch sie stehen auf Vollspaltenböden über ihren eigenen Exkrementen, ihr Leben lang.
Abwechslung gibt es nicht. Schweine sind intelligenter als Hunde sagt man… das sogenannte Beschäftigungsmaterial ist gesetzlich vorgeschrieben, besteht aber oft aus einer Eisenkette, die von der Kette baumelt oder einem abgenagten Holzstück, das am Gitter befestigt ist.
Das Schlimmste für diese intelligenten Tiere ist die Langeweile…niemals die Sonne sehen, sich den Wind um die Ohren wehen lassen, im Schlamm suhlen, laufen, spielen oder mit den Artgenossen zu kuscheln. Schweine sind sehr saubere Tiere, bauen Nester für ihre Jungen, haben eine Schlafecke, eine Kotecke…all das wird ihnen in den Tierfabriken verwehrt.
Warum das Ganze? Weil Schnitzel, Schweinsbraten, Wurst – des Österreichers liebste Speisen sind.
Obwohl Klimaforscher aufzeigen, dass Fleischkonsum am meisten verantwortlich ist für die Klimakatastrophe, geht der Fleischkonsum fast ungebrochen weiter.
Politiker und Landwirte leugnen, dass es in Österreich Tierfabriken gibt. Für sie zählt als Tierfabrik, wo mehrere tausend Tiere „leben“ oder besser vegetieren, denn von einem Leben, wie es sich ein Schwein vorstellt, kann keine Rede sein, weder hier, noch dort – in den Ländern mit den „echten“ Tierfabriken wie Belgien, Niederlande, USA. Für das einzelne Schwein macht es doch keinen Unterschied, ob neben ihm noch 300 andere Schweine leiden, 50 oder 1000 oder 5000.
Doch auch wir haben Betriebe mit mehreren tausend Tieren. Ab wie vielen Tieren ist es eine Tierfabrik eine Tierfabrik?
Zahlen und Fakten
Jährlich werden in Österreich rund 5,5 Millionen Schweine geschlachtet. Fast alle dieser Schweine mussten ihr ganzes Leben ohne jegliche Einstreu auskommen. Über 99% der Schweine kommen bei ihrer Fahrt zum Schlachthof das erste und einzige Mal ins Freie.
Mastschweine
Der Großteil der österreichischen Mastschweine fristet sein trostloses Leben auf Vollspaltenböden, ohne die Möglichkeit, angenehm zu liegen und ohne jegliche Einstreu. Laut österreichischem Gesetz muss den Schweinen allerdings Beschäftigungsmaterial zur Verfügung gestellt werden.
Im Alter von nur wenigen Tagen werden die männlichen Ferkel praktisch immer vom Landwirt selbst ohne Betäubung kastriert. Sie erleiden dabei unvorstellbare Qualen, schreien und zucken. Noch eine Woche später haben sie Schmerzen. Das zeigen Verhaltensstörungen oder Wachstumsdepressionen. Ebenso dürfen den Ferkeln bis zum 7. Lebenstag ohne Betäubung die Zähne und Schwänze gekürzt werden, wenn das zur Vermeidung von Verletzungen als notwendig erachtet wird. Denn in ihrer Verzweiflung beginnen sie oft damit, sich gegenseitig zu verstümmeln und aufzufressen. Dabei sind Schweine eigentlich besonders neugierige, soziale und überaus intelligente Wesen, die ihren Lebensbereich gerne sauber halten. Aber in den Bedingungen der modernen Intensivtierhaltung können sie keine ihrer natürlichen Verhaltensweisen ausleben. Eng zusammengepfercht in trostlose Buchten liegen sie permanent im eigenen Kot auf kaltem Spaltenboden. Im Alter von nur sechs Monaten werden sie nach ihrem kurzen schrecklichen Leben schließlich geschlachtet.
Zuchtschweinehaltung
Kastenstände sind nach wie vor die traurige Realität für österreichische Zuchtsauen. Das sind Metallgitter, in denen die Tiere eingesperrt werden, ohne auch nur einen Schritt gehen zu können. Ebenso ist es bei Abferkelbuchten mit Abferkelgittern. Über 99% der weiblichen Zuchtschweine müssen ihre Kinder in einem Abferkelgitter gebären, das ihnen weder einen Schritt zu gehen, noch sich umzudrehen, erlaubt.
Rechtliche Rahmenbedingungen
Bis zum 7. Lebenstag dürfen Ferkel ohne Betäubung und Schmerzmittelgabe vom Landwirt selbst kastriert werden. Der Eingriff muss nicht von einem Tierarzt durchgeführt werden. Das gleiche gilt für das Schleifen der Zähne und das Kupieren des Schwanzes.
Derzeit ist es erlaubt, Schweine auf Vollspaltenböden zu halten, ohne die Möglichkeit für die Tiere, bequem zu liegen und ohne jegliche Einstreu.
Ab 2033 wird es in Österreich ein komplettes Kastenstandverbot geben, auch in der Abferkelbucht mit Ausnahme von einigen Tagen nach der Geburt. Ab 2019 sind Neubauten mit fixem Abferkelgitter verboten. Bereits 2013 in Kraft getreten ist eine Reduktion der Zeit, die die Zuchtsauen während der Befruchtung und Schwangerschaft im Kastenstand verbringen, auf zehn Tage. Davon ausgenommen sind Betriebe, die dafür umbauen müssen. Eine generelle Ausnahme aller obigen Regelungen gilt für Betriebe mit zehn Muttertieren oder weniger.
Mehr als 60 % der über 2,7 Millionen Schweine Österreichs leben ohne Einstreu, wie z.B. Stroh. Die Dauerhaltung auf harten Betonspalten bereiten diesen intelligenten, von Natur aus sauberen Tieren, große Schmerzen. Sie müssen lebenslang über ihren eigenem Kot und Urin leben – essen, schlafen. Eine Einstreu durch Stroh würde die Spalten verkleben und wird daher nicht gemacht.
Was macht das mit den Schweinen?
-92 % haben entzündete Gelenke
+Die Todesrate ist 3 x so hoch wie bei Haltung mit Stroh
+Die Augen und Lungen sind durch den starken Ammoniakgehalt in der Luft (durch die Ausscheidungen) entzündet
+Langeweile, einer der schlimmsten Feinde der Schweine: Die Tiere beißen sich gegenseitig in die Schwänze.
Die Lösung, die den Schweinen zumindest ein etwas besseres Leben bereiten würde: Ein befestigter Liegebereich ohne Spalten, der tief mit Stroh oder anderem organischen Material eingestreut ist. Das würde nicht nur glücklichere, sondern nachweislich gesündere Tiere zur Folge haben, die auch untereinander weniger aggressiv sind.
Die Verhandlungen zwischen den Regierungsparteien zum Vollspaltenboden in der Schweinehaltung ziehen sich in die Länge. Ein Entwurf liegt auf dem Tisch, der in Essenz diese Haltungsform für alle Schweinebetriebe bis 2040 verbieten soll. Obwohl diese Frist ja schon viel zu lange ist, besteht die ÖVP um Landwirtschaftsministerin Köstinger darauf, dass das Datum offenbleiben soll. Österreich hat ein gutes Tierschutzgesetz. Am Papier. Der Vollzug ist mangelhaft, die Kontrollen sind mangelhaft. In den Tierfabriken ändert sich nichts.